Vettel ist sensationell auf den Olymp der Königsklasse aufgestiegen
Frisch, fromm, fröhlich, frei von der Leber fuhr der jüngste potenzielle Weltmeister aller Zeiten sein Rennen ins Ziel. Ohne Stallorder, ohne Starallüren und mit dem verdienten Quäntchen Glück ist ihm die Sensation quasi in letzter Sekunde gelungen. Die Strategen von Red Bull haben am Ende alles richtig gemacht und ihren Kritikern gezeigt, „wo der Bartl den Most holt“. Vor einer Woche gewannen sie den Konstrukteurs-Titel, und gestern holt Vettel die Fahrer-Weltmeisterschaft. Und das alles, ohne die in der Formel 1 üblichen Vorzüge für irgendeinen der beiden Red Bull Piloten deutlich erkennen zu lassen.
Man könnte meinen, Vettel sei wegen des überragenden Autos von Red Bull Weltmeister geworden, aber dazu gehört mehr. Auf den letzten Drücker hat er geschafft, was keiner mehr glaubte, und das ist zurückzuführen auf seine hervorragende und wirklich außerordentliche Eigenleistung. So spannend war es noch nie in einer Formel 1 Saison. Beide Red Bull Fahrer, Vettel und Webber, haben sich in nichts nachgestanden, keiner der beiden konnte sich so durchsetzen wie Alonso bei Ferrari beispielsweise. Diese überraschende Patt-Situation unter den Fahrern hat offensichtlich zu der zwar nervenaufreibenden, dennoch höchst unterhaltsamen Vorstellung geführt.
Damit dürfte jetzt Schluss sein, denn Vettel ist jetzt der Boss.
Der Weltmeister Vettel gibt der Formel 1 ein neues Gesicht. Eines, das viel lacht, das nicht sofort erkennen lässt, welche Strapazen und wie diszipliniert man sich den Erfolg in diesem Business erarbeiten muss. Er ist nicht gestylt und übertrieben hyperehrgeizig, er ist Sebastian. Er geht leichtfüßig und sympathisch durch die Rennställe, die Crewmitglieder sind keine Angestellten, sondern Kollegen. Er erzählt Witze während des freien Trainings und man hört aus dem deutschen Lager lautes, schallendes Gelächter, wenn Vettel anwesend ist.
Gestern nach dem Sieg hat keiner gelacht, obwohl es viel zu Feiern und zu Lachen gegeben hätte. Das gesamte Red Bull Team, das Publikum, die Konkurrenz, fast keiner konnte seine Tränen zurückhalten, Tränen der Rührung und Tränen der Hochachtung vor Sebastian Vettel. Der selbst ist nicht der 23jährige Macho, sondern schluchzte markerschütternde Dankesworte in die Mikrophone, in den Himmel. Ein Finale Grande. Selbst Niki Lauda ließ es sich nicht nehmen, mit Tränen in den Augen seinen Hut vor Vettel zu ziehen, eine von vielen schönen Szenen bei diesem gestrigen Formel 1 Traum.
Wer ein Rennen so souverän nach Hause fährt, hat es einfach verdient, Weltmeister zu sein. Zu keinem Zeitpunkt hat Sebastian Vettel geschwächelt. Er wird mal genauso gut wie Michael Schumacher sein!
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