Mappus 21, eine Parallelwelt
Jetzt, wo’s eh schon zu spät zu sein scheint, rudern die Verantwortlichen für das Stuttgart 21 Desaster ein wenig zurück und schlagen leisere Töne an. Jetzt, wo die ersten Bäume gefällt sind, wo einige Demonstranten Gefahr laufen, ihr Augenlicht zu verlieren, wo „Berufsdemonstranten“ an die Grenzen der Ohnmacht getrieben wurden, fangen Politik und Kommunen an, miteinander verhandeln zu wollen. Gleichzeitig läuft das Projekt Bahnhof weiter. Ohne einen sofortigen Stopp dieses Vorhabens wird sich wie immer nichts ändern. Die Lobbies werden nicht einen Schritt abweichen, die Befürworter (viele reiche Hügelbewohner) werden mit ihren mächtigen und einflussreichen Stimmen Stimmung machen, denjenigen, denen die Tränen in den Augen standen und stehen beim Anblick der Parkzerstümmelung und auch nach Pfeffersprayattacken, bleibt nichts anderes übrig, als mittels Sitzblockaden, Plakaten, Aktivismus etc. ihrem Unmut Luft zu machen, jedoch ohne die Chance auf das Erreichen eines Mininmalzieles.
Dass sich dieses Vorhaben nicht erst vor Monaten abgezeichnet hat, sondern die Planung seit 1994 betrieben wird, ist die andere Seite der Medaille. Es wurde in hunderten Gremien geplant, geschachert, gerechnet, es wurden mehrere tausend Bürgerstimmen angehört, die angeblich berücksichtigt wurden bei der Projektplanung. Und jetzt, mehr als 15 Jahre später, ist das alles Neuland. Ein vergessenes Kind, welches jetzt gefunden wurde und geschändet wird.
„Stuttgart 21 – Zukunft und Chance für Baden-Württemberg“ haben die Redenschreiber von Mappus seine Regierungserklärung genannt, die helfen soll, die Wasserwerfer vom vergangenen Donnerstag vergessen zu machen und den Streit über das Verkehrsinfrastrukturprojekt, der schon längst ein Vorwahlkampf ist, zu befrieden. Heiner Geißler (80) soll zu Hilfe eilen und die Streithähne zähmen.
Ich bin der Meinung, dass man zuhören muss, egal auf welcher Seite man zu diesem Thema Stellung bezieht. Das setzt aber voraus, dass sofort und auf der Stelle die Bauarbeiten gestoppt werden müssen, bis ein Kompromiss gefunden ist. Dabei ist es den Stuttgart 21 Gegnern völlig wurscht, wo welches Pflänzchen stehen soll und welche Farbe der Tunnel bekommen soll. Diese peinliche Diskussion und Wiedergutmachungsstrategie ist wieder einmal der Versuch von Politik und Macht, die Menschen für noch dümmer zu erklären, als sie ganz bestimmt nicht sind. Erst Baustopp, dann Reden! Was denn sonst?
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