9 1/2 Stunden, Drama in 3 Akten mit Unvollendeter

9 1/2 Stunden, Drama in 3 Akten mit Unvollendeter

Meine Güte, was muss dieser Tag für die Involvierten gewesen sein? 2 Zusammenbrüche von Abgeordneten, eine „ganz kleine“ Frau Merkel, ein sichtlich angespannter Christian Wulff (was so gar nicht seine Art ist) und von Häme zerfressene SEDler. Ein souveräner Joachim Gauck und sich absolut sicher glaubende SPDler und Grüne.

Da hätte die Linke die einmalige Chance gehabt, sich von jedweden Stasi-Vorwürfen oder gar -Sympathien freizusprechen und was tun die? Sie enthalten sich im 3. Wahlgang geschlossen der Stimme und verhelfen damit Christian Wulff zur absoluten Mehrheit, wie gesagt, erst im 3. Wahlgang. Da hätte die einfache Mehrheit gereicht.

Alle, die bis dato gedacht haben, die Linken hätten „nur“ kommunistisch geprägte politische Meinungen und Marx hat ja Recht, denen muss hoffentlich spätestens jetzt klar geworden sein, dass das weit gefehlt ist und dass in dieser Partei mehr Altlasten vorhanden sind, als gute Politiker, gelinde ausgedrückt.

Wie kann man einen Stasihasser, wie Joachim Gauck, verurteilen? Er spricht von Freiheit und Gleichheit, er ist ein rhetorisches Urviech und er redet niemandem von dem Mund. Das hat er nicht nötig. Das zeigt auch dessen Reaktion auf die „Wahlniederlage“, die keine war. Als erster beglückwünscht er Wulff mit einem herzlichen, ehrlichen Händedruck.

Herr Gauck hätte ohne die Stimmenthaltungen der Linken die Wahl verdient gewonnen und alle außer der Koalition und den Linken hätten sich gefreut. Dass gerade diese Linken Schwarz-Gelb zu diesem Wackelerfolg verhalfen, ist symptomatisch für unser derzeitiges Regierungsdesaster. Es sollte ein Neuanfang werden, die Wahl sollte Geschlossenheit und Einigkeit demonstrieren, genau das Gegenteil war der Fall. 44 abtrünnige Wahlfrauen oder -männer demonstrierten ihren Unmut über die derzeitige Regierungskoalition. Der Krimi begann, die Nerven lagen blank.

Die sonst so unantastbare Angela Merkel zeigte Emotionen, diese Wahl war ein Megastich direkt ins Herz.

Positiv für mich ist bei diesem Ausgang, dass allein der Gedanke an Rot-Rot-Grün sich mit einem Schlag (hoffentlich) verflüchtigt hat in den Köpfen und dass mit Christian Wulff ja nicht ein Verlierer, sondern ein eloquenter, empathischer und kompetenter Mann gewählt wurde, halt nicht ganz so erfahren, neutral und objektiv kämpfend wie Joachim Gauck.

Die ersten Worte des frischgewählten Bundespräsidenten Christian Wulff galten Herrn Joachim Gauck, bei dem er sich für seinen Weitblick und seine Erfahrungen, die er auch weiterhin gerne nutzen würde, bedankte. Das war ein ganz guter Schachzug und die weitere Rede konnte sich in allen Punkten sehen lassen.

Der Bundestagspräsident Lammert dankt nach diesen endlosen Stunden kurz vor 22.00 h abends  für die „disziplinierte Mitwirkung“ aller Beteiligten – und kündigt die Nationalhymne an. Stehend singen die 1242 Wahlfrauen und -männer  das Deutschlandlied.

Irgendwie bleibt dieser, ich weiß gar nicht wie ich’s nennen soll, Wehmutstropfen, ohne irgendeinen der beiden Kandidaten bewerten zu wollen und zu dürfen.

Die Linken helfen der Regierung, diese wackelt erheblich, die Frage nach der Vertrauensfrage wird lauter werden, vermute ich.

Familie Wulff zieht also ins Schloss Bellevue ein, es wird lebendig werden, das Schloss.





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