Wie viel Geld könnte ein Hartz 4ler auf der Wies’n ausgeben?
Der Regelsatz pro Erwachsenem beträgt € 359,00 im Monat, das entspricht in etwa vier Wies’nbesuchen mit Bier, Hendl, Karrussell und An- und Abfahrt, denn pro Tag und Erwachsenem werden durchschnittlich zwischen 80,00 und 100,00 € ausgegeben. Andersrum gerechnet hat ein Hartz 4ler ca. 12,00 € pro Tag monatlich zur Verfügung. Wenn er also eine Woche lang von Brot und Wasser lebt, sich nicht duscht und auf keinen Fall Tageszeitungen kauft, sich nie und nimmer kulturell und museal weiterbildet, Eisstände umgeht, etc. etc., hätte er sich einen richtig guten Wiesntag mit allem Drum und Dran erspart. Der Spaß scheint es vielen Wert zu sein, denn bereits tagsüber drängeln sich tausende Nichttouristen durchs Festgelände. Entweder die haben Urlaub genommen, oder die haben ne Woche nicht am Leben teilgenommen, oder?
Frau von der Leyen hat die neuen Hartz 4 Regelungen reformiert. Ihr Gesetzentwurf wurde gestern zur Abstimmung an die zuständigen Ministerien geschickt. Die entscheidenden Zahlen über die neue Höhe der Regelsätze für Landzeitarbeitslose sucht man darin allerdings noch vergebens. Die Berechnungen über den Lebensunterhalt sind noch nicht abgeschlossen. Sie sollen nächsten Montag nachgereicht werden. Klar sind allerdings schon die neuen Berechnungsmethoden.
Grundlage der Berechung der Regelsätze für Langzeitarbeitslose bleibt die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Die Statistiker befragen dazu alle fünf Jahre mehr als 60 000 Haushalte, die über einen Zeitraum von drei Monaten alle Ausgaben, beispielsweise für Nahrung, Kleidung und Haushalt, notieren. Der Regelsatz orientiert sich aber nicht an all diesen Haushalten, sondern auch künftig nur am Ausgabeverhalten des unteren Fünftels auf der Einkommensskala. Herausgenommen aus der Berechnung werden Haushalte, die bereits von Transferleistungen wie dem Arbeitslosengeld II leben.
Die Karlsruher Richter hatten gerügt, dass die Bedarfssätze für Kinder lediglich prozentual von denen der Erwachsenen abgeleitet wurden. Deren Regelsatz beträgt derzeit 359 Euro im Monat. Kinder bekommen davon je nach Alter zwischen 60 und 80 Prozent, also maximal 287 Euro. Künftig soll es einen eigenständigen Basissatz geben.
Bisher steigen die Hartz-IV-Sätze mit den Renten – oder eben auch nicht. In Zukunft sollen sich die Sätze zu 70 Prozent nach der Preis- und zu 30 Prozent nach der Lohnentwicklung richten. Theoretisch könnten damit die Sätze auch sinken. In der Praxis ist dies eher unwahrscheinlich. Später soll eine jährliche, kleinere Verbrauchsstichprobe die Regelsatzanpassung bestimmen.
Kinder und Jugendliche aus Hartz-IV-Familien erhalten künftig über das Jobcenter Zuschüsse für die Lernförderung, Schulmaterial (auch Klassenfahrten), Mittagessen und Freizeitaktivitäten – allerdings nicht in Form von Bargeld. Die Kommunen können entscheiden, ob die Dienstleistungen über elektronische Chipkarten, Gutscheine, Formulare oder das Internet abgerechnet werden.
Im Bundeshaushalt sind als Vorsorge für zusätzliche Investitionen in die Bildung bedürftiger Kinder jährlich 480 Millionen Euro veranschlagt. Wegen der komplizierten Materie soll es für die von Frau von der Leyen favorisierte Chipkarte ab Sommer 2011 zu Modellversuchen kommen. Weiterhin mit Bargeld soll das sogenannte Schulstarterpaket mit Hilfen für Hefte und Bücher abgewickelt werden. Die 100 Euro pro Jahr sollen allerdings gesplittet werden: 70 Euro im ersten und 30 Euro im zweiten Schulhalbjahr.
Bisher zahlen die Kommunen für Langzeitarbeitslose für eine „angemessene“ Wohnung die Miete samt Heizungskosten. Künftig können Gemeinden auch Pauschalen dafür festlegen. Dafür soll der örtliche Mietspiegel herhalten. Betroffene sollen künftig grundsätzlich selbst entscheiden, ob sie die Mietkosten persönlich überweisen oder die Jobcenter den Betrag direkt beim Vermieter begleichen.
Bei der Stichprobe werden 240 Posten abgefragt. Nicht alle werden aber für die Berechnung der Regelsätze herangezogen – zum Beispiel der Posten „illegale Drogen und Glücksspiel“. Neu berücksichtigt werden in den Regelsätzen unter anderem Kosten für einen Internetanschluss und die Praxisgebühr.
Die bisher gültigen Sanktionen bei Pflichtverletzungen von Hartz-IV-Beziehern gelten weiter. Aber das Regelwerk soll klarer fassen und genau festlegen, was Pflichtverletzungen sind und welche Sanktionen für welche Dauer dafür infrage kommen. Die Strafe muss innerhalb von drei Monaten nach Kenntnisnahme ausgesprochen werden.